Wie es dazu gekommen ist, dass die F.A.Z. in der Oktober-Ausgabe 2022 des F.A.Z. – Magazins über mich und meine Fotografie berichtet?
Im Herbst 2019 machte ich mich aus einem Anfall von Langweiligkeit und aus unendlicher Neugier daran, aus allen Ordnern, Kisten, Kästen, Schubladen etc. unzählige Aufbewahrungshüllen für Negative, normale Negativtaschen und Kisten voller aufgerollter und ungeschnittener KB- und Mittelformatnegativfilme und dazu gehörige Kontaktbögen hervor zu kramen. Hinzu kamen viele Hundert Prints aus eigener Dunkelkammerproduktion, Hunderte von SX70-Polaroids etc.



Ich hatte all dieses Material in meinen beiden Arbeitsräumen gut verstaut – besser: Ohne Sinn und Verstand und ohne System „sehr gut versteckt“. Ich wusste, dass 99,9 % aller Fotografien die ich jemals in meinem Leben gemacht habe, sich noch in meinem Besitz befanden. Die brennende Frage war jedoch: Wo ich dieses Material aufbewahrt hatte und wie ich es mir wieder inhaltlich/visuell erschließen könnte?
Es waren ein paar spannende Wochen, die ich vor mir und die ich im Frühherbst 2020 hinter mir hatte. In einem großen Regal standen nunmehr über 60 prall gefüllte Ordner nebeneinander – Negative/Kontakte. Dutzende von Kisten mit Prints/Polas standen übereinander gestapelt auf meinen Tischen. Der Anfang war gemacht.
Eine einfache, selbstgestrickte Excel-Datei bildete die digitale Form dieser Kisten- und Ordnerinhalte ab. Soweit recherchierbar, fanden sich dort auch Angaben zum Aufnahmedatum, Orts- und Personennamen etc. wieder.
Ich stieß auf Fotografien von Events und Aufnahmesituationen, an die ich mich gar nicht mehr erinnern konnte. Ich sah in die Gesichter vom Menschen, an deren Namen ich mich im ersten Moment nicht mehr erinnern konnte. Ich war mit meiner Kamera an Orten, die ich nicht mehr zuordnen konnte. Das Material erstreckte sich auf von den ganz frühen 70er Jahre bis zu den späten 90er Jahren.



Hätte ich nicht diese Fotografien gemacht und würde ich sie jetzt nicht in meinen Händen halten, dass Wissen über weite Teile meiner Jugendzeit, meine Erlebnisse, unsere gemeinsamen Erlebnisse, sie wären wahrscheinlich so sehr verblasst, dass kein Gedächtnis dieser Welt die Menschen, Orte, das Geschehen wieder in meinem Kopf hätte sichtbar machen können.
Nach und nach kehrten jedoch viele Erinnerungen zurück. Wundersame Ereignisse tauchten wieder auf. Zu Gesichtern fielen mir die Namen ein, die Orte, die Ereignisse. Nach und nach, unterstützt durch Gespräche mit einige Freunde/Bekannte, wurde mir bewusst, welchen Schatz ich da „gehoben hatte“.
September 2020: Motiviert durch eine Vernissage in der hannoverschen Galerie für Fotografie (GAF) setzte ich mich noch am späten Abend an den Rechner, erstellte ein kleines Expose über meine fotografischen Arbeiten aus den 80er Jahren und schickte das Dokument an Prof. Rolf Nobel, dem Vorsitzenden der GAF.
Januar 2021: Rolf Nobel empfing mich für eine Präsentation meiner Arbeiten (alles Vintage-Prints auf Baryt-Papier – 30×40 cm – aus den 80er Jahren). Nach 1 ½ Stunden verließ ich die Galerie. Ich hatte die Zusage für einen Ausstellungstermin (zweiten Jahreshälfte 2021).
Wochenlang verbrachte ich unzählige Stunden am Tag damit, mein Negativarchiv nach besonders ausdrucksstarken Motiven zu durchsuchen. Mit meinem Scanner (Epson Perfection V850 Pro) erstellte ich über 6.800 Scans von Mittelformat- und Großformatnegativen.



Das Ergebnis der sich daran anschließenden Selection:
1600 Motive schafften es in die erste Vorauswahl.
600 Motive kamen danach in die engere Wahl.
200 Motive kamen in die Endauswahl.
Für die Präsentation in der geplanten GAF-Ausstellung >>Wilde Zeiten<< wurden knapp 100 Motive ausgewählt. 76 Motive wurden gehängt.
Unabhängig von der Ausstellung begann ich im April 2021 damit, „Das Buch zur Ausstellung“ zu konzipieren und gemäß dieses Konzeptes nach und nach mit Inhalt zu füllen.



Pünktlich zur Ausstellung (1. September 2021 – 3. Oktober 2021) erschien dieses Buch mit dem Titel >>Wilde Zeiten<< im Selbstverlag. Es beinhaltete über 860 Abbildungen (Fotografien, Grafiken) und über 20 Seiten Text, bei einem Gesamtumfang von 736 Seiten im Format von 30 x 33 Zentimeter (Hardcover / Fadenbindung …).
Von der letzten Kleinauflage sind noch einige Exemplare verfügbar: Das Buch
Mit über 5.600 Ausstellungsbesuchern, mit einer Abendveranstaltungen zu „Gesprächen über Fotografie“ und einer Finissage in großer Runde, war diese Ausstellung überaus erfolgreich.
In weiten Teilen kam man sich in der Galerie wie auf einem riesigen Klassentreffen vor. Nicht nur die hannoversche Szene der 80er Jahre gab sich ein Stelldichein – viele Besucherinnen/Besucher reisten zur Eröffnung und zu weiteren Terminen der Ausstellung aus ganz Deutschland an.
Die lokalen Printmedien berichteten ausführlich und mehrmals. In Life-Style Magazinen und Fotozeitschriften wurde über die Ausstellung und meine Arbeiten berichtet (u.a. auch in der Photonews von Denis Brudna und Anne Gripp – der Nobilis der Schlüterschen). Deutschland Radio Kultur sendete einen Beitrag, ebenso gab es einen Fernsehbeitrag von N3 – „Das Rote Sofa“. Die GAF ließ einen eigenen Videobeitrag produzieren.
Zu den Besuchern der GAF-Ausstellung zählte auch Henner Flohr (Leitung Bildredaktion der FAZ). Er war von der Präsentation meiner Fotografien und von meinem Blick auf die Szene der 80er Jahre sehr begeistert. So reifte in ihm der Gedanke, eine Foto- und Textstrecke über meine Arbeiten im FAZ-Magazin zu präsentieren. Gemeinsam mit der FAZ-Redakteurin / Journalistin Johanna Dürrholz und dem Grafikteam der FAZ wurde daraus ein Beitrag, über den ich mich sehr freue.
Werfen Sie einen Blick auf diese Veröffentlichung.
Meinen Dank an alle Beteiligten.


